
Saint-Bris-le-Vineux
Der Name klingt wie ein Vers aus einem französischen Gedicht. Und tatsächlich liegt hier, am nördlichen Tor zum Burgund, ein Ort, der mit Chablis nicht nur die Nachbarschaft teilt, sondern auch seine Seele: Kalkreiche Böden, urzeitliche Muschelablagerungen und ein Klima, das Klarheit, Frische und Eleganz hervorbringt.
Doch Saint-Bris ist mehr als das. Es ist ein Ort des sanften Widerspruchs: Während ringsum fast ausschließlich Chardonnay regiert, darf hier – als einziger Ort im Burgund – auch Sauvignon wachsen. Eine kleine Ausnahme mit großer Wirkung.
Wenn der Morgennebel durch die Senken zieht und das erste Sonnenlicht den fossilen Kalk zum Glitzern bringt, wird spürbar, was diese Region so besonders macht. Sie ist rauer als das südliche Burgund, kühler im Charakter, aber von einer fast tänzerischen Eleganz. Genau hier schlägt das Herz der Domaine Goisot – verwurzelt in Jahrhunderten von Weinbaugeschichte und getragen von der Vision einer besseren, nachhaltigeren Landwirtschaft.
"Der Wein entsteht im Weinberg, nicht im Keller."
Seit dem 14. Jahrhundert betreibt die Familie Weinbau in Saint-Bris-le-Vineux – tief verwurzelt in der Geschichte, aber mit dem Blick nach vorn. Als Jean-Hugues und Ghislaine Goisot den Betrieb 1979 übernahmen, war klar: Wer die Natur respektiert, muss auch anders arbeiten.
Nach Jahren der biologischen Bewirtschaftung folgte 2001 die ECOCERT-Zertifizierung, 2005 dann die konsequente Umstellung auf biodynamische Landwirtschaft – mit DEMETER-Zertifikat und einem gelebten Credo: „Der Wein entsteht im Weinberg, nicht im Keller.“
Was einfach klingt, ist eine Philosophie: Keine Chemie, keine Abkürzungen. Stattdessen: Humus, Kompost, Pflanzenextrakte, Tees und eine enge Taktung an manuellen Handgriffen. Der Weinbau der Goisots ist ein stilles Handwerk – radikal im Anspruch, zurückhaltend im Ton.
Wurzeln, Reife und ein bisschen Trotz
Die Rebstöcke der Goisots wurzeln tief – und dürfen sich Zeit lassen. Besonders clever: Die Sauvignon-Reben wachsen an Nordhängen, um langsamer zu reifen. Das schenkt ihnen Struktur, Tiefe und diesen eigenwilligen Charme, den man kaum beschreiben, aber sofort schmecken kann. Und weil man das Beste nur bekommt, wenn man auf das Zweitbeste verzichtet, erntet die Familie konsequent nur das, was ihren hohen Maßstäben genügt. Der Rest bleibt – den Raben.
Während in der Region meist 4.500 bis 7.000 Reben pro Hektar üblich sind, pflanzt die Domaine Goisot 10.000 – wie in den besten Lagen des Burgunds. Mehr Wettbewerb, kleinere Beeren, höhere Konzentration. Auch das Rebschnittsystem ist durchdacht: Durch sorgsames Ausbrechen der Triebe und selektives Entblättern entsteht ein gesundes Mikroklima, das Krankheiten vorbeugt und die Qualität der Trauben maximiert – ganz ohne synthetische Eingriffe.
Je nach Herkunft der Trauben entscheidet man über den Ausbau:
Edelstahltank oder Holzfass, wobei das Holz aus den schönsten
französischen Wäldern stammt – sorgfältig ausgewählt, um die Atmung zu
ermöglichen, ohne die Weine zu „verholzen“. Die Reifezeit beträgt
zwischen neun und achtzehn Monaten. Geduld gehört zum Handwerk.
In einer Region, in der noch immer viele Winzer konventionell arbeiten, sind die Goisots leuchtende Vorbilder. Ihre Weine beweisen, dass Konsequenz im Weinberg und Zurückhaltung im Keller die besten Voraussetzungen für Charakter und Lagerfähigkeit schaffen. Weißweine mit salziger Mineralität und zartem Duft nach Zitrus, Mandel, Honig. Rote mit weicher Struktur, floraler Nase und einem Hauch Wildpflaume.

Weine mit Ausdruck
Die Weißweine der Domaine – aus Sauvignon, Chardonnay und Aligoté – leuchten in salziger Mineralität, zeigen Noten von Zitrus, Mandel und feinem Honig. Die Rotweine - aus Pinot Noir - duften floral, nach Wildpflaume und feuchter Erde, mit weicher, fast seidiger Struktur. Alte Reben, teils über 90 Jahre alt, schenken Tiefe, Finesse und ein langes Leben im Keller. Und das Terroir – verteilt über Saint-Bris, Irancy und Chablis – verleiht jeder Cuvée ihren ganz eigenen Charakter.